Am 13.12.2022 hat der EU-Rat für Landwirtschaft und Fischerei eine Ausweitung der berufsfischereilichen Aalschonzeit von drei auf sechs Monate und ein Verbot der Freizeitfischerei auf Aal im Meer beschlossen. Laut seiner Pressemitteilung hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) den Vorschlag der EU-Kommission in schwierigen Verhandlungen unterstützt, während sich anderer EU-Mitgliedsstaaten aus guten Gründen ganz klar dagegen positioniert haben.
Aus Sicht des DAFV und seiner Mitgliedsverbände sind Ausweitungen von pauschalen Aal-Fangverboten aus vielerlei Gründen weder verhältnismäßig noch zielführend, geschweige denn nachvollziehbar. Es ist wissenschaftlich belegt, dass Habitatverluste durch Gewässerverbauung einen sehr viel größeren Einfluss auf den Bestandsrückgang haben als die Nutzung durch Angler. Die Einstellung der Freizeitfischerei kann deshalb lediglich zu einem kleinen Teil zur Bestandserholung beitragen, da diese ineffektive Maßnahme die menschengemachten Habitatverluste nicht kompensieren kann.
Es sind vor allem die Angelverbände und Vereine, die ehrenamtlich Arbeitsstunden und private finanzielle Mittel für den Schutz, Erhalt und die Bestandsförderung des Europäischen Aals einsetzen. Aalbesatz ist die zentrale Maßnahme in der EU-Aalverordnung (EG) Nr. 1100/2007, ohne welche die Ziele der deutschen Aalmangementpläne nicht erreicht werden können. Zusätzlich wäre ein Ende des Besatzes oberhalb von Wasserkraftwerken eine Bankrotterklärung für den Gewässer- und Tierartenschutz in Deutschland und damit eine Kapitulation vor den wirtschaftlichen Interessen weniger Wasserkraftbetreiber. Der Erhalt und die Erreichbarkeit des natürlichen Aal-Habitats oberhalb von Wasserkraftanlagen ist für uns nicht verhandelbar!
Weiterhin würde ein pauschales Fangverbot für Glasaale das Problem des illegalen Handels sicherlich nicht lösen, sondern im Gegenteil, sogar noch verschärfen. Mit dem Wegfall der legalen Fischerei und der nachgeschalteten, kontrollierten Wertschöpfungskette, würde die EU jegliche Kontrolle verlieren. Kein Mitgliedsstaat hat die erforderlichen polizeilichen Kapazitäten, sämtliche Fanggebiete entlang der großen Flussmündungen zu überwachen. Wilderer und Schmuggler reiben sich jetzt schon die Hände angesichts der absurden Debatte.
Im Meer und Küstenbereichen wird im Vergleich zum Binnenland vergleichsweise wenig auf Aal geangelt. Das Fangverbot kann deshalb nur als reine Symbolpolitik interpretiert werden, da der Beitrag zur Bestandserholung verschwindend gering ausfallen wird. Gleichzeitig nimmt man aber enorme, soziökonomische Schäden für Fischereibetriebe und vom Angeltourismus profitierende Küstengebiete leichtfertig in Kauf. Dass das Verbot dem Aal nicht viel bringt, erscheint zweitrangig – das Symbol zählt. Dem vermeintlich unbedeutenden kleinen Angler gegenüber hat man Stärke gezeigt – zu Gunsten eines fehlgeleiteten Naturschutzes. Die wahren großen Probleme bleiben jedoch unangetastet.
Mit einer Ausweitung des Fangverbots ins Binnenland würde die Regierung den Hebel an der falschen Stelle ansetzen. Die Mortalität durch Prädatoren und Wasserkraftturbinen ist hier ungleich höher und schadet nicht nur dem Aal, sondern ist eine ernsthafte Gefahr für den Schutz aller heimischer Wanderfischarten. Mit einem wissenschaftsbasiertem Turbinenmanagement zu den Hauptab-wanderungszeiten, gepaart mit einem längst überfälligem europäischem Kormoranmangement, ließe sich aus unserer Sicht die größtmögliche Schutzwirkung für Aal & Co erzielen.
Wir fordern eine zukünftige Mitsprache von Anglern bei allen weiterreichenden Veränderungen des Aal-Managements. Wir bieten den zuständigen Landesbehörden an, sie mit unserem Fachwissen zu unterstützen. Mit enger Zusammenarbeit und fundiertem Hintergrundwissen über fischereiliche und soziale Aspekte der Freizeitfischerei und des Aalbesatzes lassen sich möglicherweise negative Konsequenzen vermeiden.
Eine ausführliche Stellungnahme wird der DAFV veröffentlichen, sobald die Gesetzestexte der europäischen Kommission veröffentlicht sind